Sind Träume Schäume? - Rückblick aufs Grüne Frauenfrühstück

Mit dem Thema "Lebensträume" haben die Grünen Frauen wieder einmal ins Schwarze getroffen. Das war nicht zuletzt den beiden Frauen zu verdanken, die Kreisrätin Birgid Röder am 14. April 2013 zu diesem Thema im KUK begrüßte und die offen und spannend über ihr Leben redeten: Die ehemalige Grüne Bundestagsabgeordnete (1994 bis 2012) Christine Scheel und die Märchenerzählerin Brigitte Klinkel.

"Meine Überzeugungen so zu leben, dass ich davon leben kann", das war der Traum von Christine Scheel, als sie vor rund 26 Jahren zunächst als Landtagsabgeordnete in die Politik ging. Aber "Ich wollte auch noch etwas anderes machen als Politik", erzählt sie weiter. Sie legte ihr Mandat nieder, um eine Stelle in der Wirtschaft anzutreten - die sie nach wenigen Monaten aufgab. Ihr Traum, sich für ihre politischen Inhalte wie alternative Energien, Nachhaltigkeit und Compliance (Regeltreue) konkret in der freien Wirtschaft einzusetzen, zerplatze. Jetzt muss neu geträumt werden, aber Scheel bereut nichts: "Ich bin gerade da rein und auch gerade wieder raus". Sie weiß jeder Neuanfang ist Risiko und Wagnis.

Brigitte Klinkel, aufgewachsen in der Kriegs- und Nachkriegszeit in Hamburg, träumte früh von Selbständigkeit und wollte eigentlich eine Schauspielkarriere machen. Nach Aufenthalten in London und Paris wurde sie Krankenschwester und trat in den Orden der Benediktinerinnen ein. Nach fünf Jahren: Aus der Traum vom Klosterleben, sie tritt aus, heiratet und wird durch ihren Sohn zur Märchenerzählerin.

Im Unterschied zu Scheel hat die 79-Jährige ihr Leben selten bewusst verändert. "Ins Kloster zu gehen war eine sehr bewusste Entscheidung, rauszugehen eher Fügung", erinnert sie sich. Das Leben hat ihr Herausforderungen gestellt und sie hat sie angenommen. Dazu gehörte auch ihr Sohn der ein "Downkind" ist.

Klinkel wurde einst von der Atheistin zur Katholikin, Scheel ist berufenes Mitglied der evangelischen Landessynode. Zu ihren Kirchen haben beide sehr unterschiedliche Einstellungen. Die Institution Kirche sei ein Konstrukt, das Menschen brauchten, um sich Sinn zu geben in der Welt - und könne durchaus Stütze sein, meint Klinkel. In Bezug auf ihre Person aber sagt sie: "Wer ganz bei sich selbst angekommen ist, braucht diese Institutionen nicht mehr."
Scheel erzählt, wie ihr ihr Glaube durch schwierige Lebenssituationen hindurch geholfen hat. Diese Erfahrung habe sie bewegt, auch innerhalb der Institution ihre Rolle zu übernehmen. Wobei sie sich dafür einsetzt, dass sich die Kirche nicht von weltlichen Fragen distanziert, sondern sich einmischt.

"Was, wenn man sich das Träumen abgewöhnt hat", fragt eine der gut 60 Besucherinnen. Solche Durststrecken kennt Klinkel sehr wohl aus ihrem Leben. "Man bekommt nicht immer was man sich erträumt hat", weiß sie und erzählt von ihren Kindheit im Krieg und der Geburt ihres behinderten Sohnes. Lebenszeiten ohne Träume müsse man annehmen, rät sie. Anna Mebs beschwört die Kraft der Gemeinschaft für „traumlose“ Zeiten. Und dann kommen immer mehr Fragen und Anregungen von einer Generation, die aufgewachsen auf dem Land mit klaren Rollenklischees, gar nicht träumen durfte.

Schnell wird deutlich, dass es auch für junge Frauen von heute noch immer schwierig ist, ihre Lebensträume zu verwirklichen "Wir Grünen setzten uns ein für Ganztagsschulen und Ganztagsbetreuung", gibt Scheel zu bedenken, "aber es gibt eben auch junge Frauen die bewusst ihre Kinder erziehen und berufstätig sein wollen."

Hier schließt sich der Kreis zum Eingangsstatement von Gastgeberin Simone Tolle: "Frauenpolitisch gibt es immer noch viel zu tun." Nach zehn Jahren im Bayerischen Landtag wird sie bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten. Ihr momentaner Lebenstraum sei es "ein normales Leben zu führen", erzählt sie. Dennoch werde sie grüner Politik treu bleiben, verspricht Simone Tolle. Lachend erinnert sie sich an das erste Frauenfrühstück der Grünen Frauen im Jahr 2008 und die entsetzten Gesichter der Männer, die draußen bleiben mussten. Im Rückblick schreibt sie den Erfolg der Grünen auch der Tatsache zu, dass die "Frauensicht" immer mitbedacht wurde.

Text: ulk/glx