Rückbau der AKW-Anlagen

Der Stadtrat der Stadt Schweinfurt fordert von den Genehmigungsbehörden (Bayerische Staatsregierung und Bundesregierung)

 

1.       eine ergebnisoffene Prüfung bei der Wahl des Verfahrens:

·       Verfahren 1: Schnellstmöglicher Rückbau der AKW-Anlagen und Gebäude nach dem Abklingen der noch vorhandenen Brennstäbe im Kraftwerk

·       Verfahren 2: sicherer und dauerhafter Einschluss der radioaktiv belasteten Anlagen

·       Verfahren 3: Erhalt des Reaktorgebäudes mit der vorhandenen Infrastruktur, damit vor Ort Möglichkeiten zu Reparatur oder Ersatz von defekten Castoren bestehen.

2.       die Unterlassung jeglicher Abriss-Arbeiten am Reaktorgebäude, solange in diesem noch hoch radioaktive abgebrannte Brennelemente unter Wasserkühlung liegen

3.       eine umgehende umfassende Sicherheitsprüfung des Zwischenlagers Grafenrheinfeld hinsichtlich Sabotage, Terroranschlag und Flugzeugabsturz und Verbesserung des Sicherheitsstandards auf die Kriterien eines "sicheren Einschlusses" mit Möglichkeit, vor Ort defekte Castoren zu reparieren oder auszutauschen. Der "sichere Einschluss" muss für zu kühlende hoch radioaktive und nicht zu kühlende mittel und schwach radioaktive Abfälle bis zum vollständigen Abtransport aller gelagerten radioaktiven Abfälle (nach heutigem Stand geschätzt im Jahr 2070-2100) gewährleistet sein.

4.       die Zusammenführung der Genehmigungsverfahren für den Reaktor-Rückbau und für das Zwischenlager; Entscheidungen sind nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts zu treffen

5.       die umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung für alle Phasen der Genehmigungsprozesse

6.       den Abriss der Kühltürme, sobald sie für die Sicherheit beim AKW-Rückbau nicht mehr vonnöten sind.

 

Begründung dieser 6 Forderungen:

Nach langer Diskussion und gesellschaftlicher Auseinandersetzung wurde im Juni 2015 das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld endgültig abgeschaltet. Der AKW-Betreiber e-on plant den zügigen Rückbau der Anlagen. Neben dem Atomkraftwerk steht das atomare Zwischenlager für Castorbehälter mit Atommüll (genehmigt bis 2045).

Bei Planung des AKW-Rückbaus sind folgende Gegebenheiten zu berücksichtigen:

·       die hoch radioaktiven abgebrannten Brennelemente müssen mindestens 3 Jahre lang im Reaktor unter Wasserkühlung gehalten werden, bevor sie in Castoren eingebracht werden können; so lange ist das AKW de facto im stand-by-Betrieb.

·       die Castoren werden danach unter Luftkühlung im Zwischenlager für hoch radioaktive Abfälle gelagert.

·       in Deutschland existiert kein Endlager für hoch radioaktiven Abfall. Nach dem derzeitigen Zeitplan des Endlager-Suchgesetzes ist davon auszugehen, dass erst deutlich nach Erlöschen der derzeitigen Betriebserlaubnis für das Zwischenlager 2046 die Castoren aus dem Zwischenlager Grafenrheinfeld in ein noch durch Planung festzulegendes Endlager transportiert werden, wahrscheinlicher Zeitraum ist - soweit heute realistisch abschätzbar - 2070 bis 2100.

·       die derzeitige "garantierte Haltbarkeit" der Castoren liegt bei 40 Jahren. Da bisher kein derzeitiger Castor dies Alter erreicht hat, kann die Sicherheit der Castoren vor Ablauf dieser 40 Jahre nur vermutet werden, danach ist sie ohnehin nicht garantiert. Folglich muss bei Lagerung von Castoren auch die Möglichkeit zu Reparatur oder Ersatz von defekten Castoren vor Ort gegeben sein. Eine solche Reparaturmöglichkeit bestünde nur in einem intakten Reaktorgebäude. Eine Transport-möglichkeit in ein Endlager gibt es (noch) nicht.

·       die Genehmigungsverfahren für den Reaktor-Rückbau und für das Zwischenlager sind derzeit voneinander unabhängig; eine Öffentlichkeitsbeteiligung ist hier nicht vorgesehen

·       die Alternativenprüfung "Abriss" versus "sicherer Einschluss" ist gesetzlich nicht vorgeschrieben und fehlt bisher.

·       die Umweltverträglichkeitsprüfung des AKW-Rückbaus sieht zwei Phasen mit voneinander unabhängigen Genehmigungen vor; nur für Phase 1 ist Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen.

·       auch die sichere Endlagerung von schwach oder mittel radioaktiven Abfällen ist nicht gesichert. Das Endlager-Konzept Schacht Konrad ist technisch und juristisch höchst fragwürdig. Zudem müssen dort u.U. auch die Abfälle aus dem undichten Endlager Asse aufgenommen werden. Ein gesichertes zentrales Lager für schwach oder mittel radioaktive Abfälle ist momentan somit nicht in Sicht.

 

Daraus ergeben sich folgende Schlüsse für die Planung des AKW-Rückbaus:

·       Abriss-Arbeiten am Reaktorgebäude sind gefährlich, solange in diesem hoch radioaktive Brennelemente unter Wasserkühlung gehalten werden (also: mindestens 3 Jahre plus Dauer von Einbringung in Castoren und Abtransport ins Zwischenlager).

·       Das Zwischenlager muss sicherheitstechnisch den Anforderungen des "sicheren Einschlusses" genügen, und zwar bis zum erfolgten vollständigen Abtransport der gelagerten radioaktiven Abfälle (geschätzt 2070-2100) genügt. Dies betrifft insbesondere Sicherheit gegen Terror-Anschläge und Flugzeug-Abstürze.

·       In unmittelbarer Nähe des Zwischenlagers muss bis zum erfolgten vollständigen Abtransport der gelagerten radioaktiven Abfälle (geschätzt 2070-2100) eine Möglichkeit zur Reparatur oder Ersatz von defekten Castoren bestehen. Dies wäre bei Belassung des intakten Reaktorgebäudes der Fall.

·       Deshalb sind für das Zwischenlager und für den Reaktor-Rückbau voneinander unabhängige Genehmigungsverfahren nicht sinnvoll und ggf. gefährlich.

·       Wenn nicht nur Reaktorgebäude und Zwischenlager, sondern auch die Kühltürme belassen werden, wäre die Wiederinbetriebnahme aus dem "stand-by-Betrieb" relativ leicht möglich. Wir streben kein AKW im stand-by-Betrieb an, sondern den unumkehrbaren Ausstieg aus der Atomenergie.

 

Aus den genannten Gründen wäre deshalb ein vorschneller Abriss der Reaktorgebäude und der darin enthaltenen technischen Anlagen nicht verantwortbar. Zumindest muß eine ergebnisoffene und neutrale Prüfung der verschiedenen Möglichkeiten erfolgen, bei dem betriebswirtschaftliche Motive des Betreibers e-on nicht im Vordergrund stehen dürfen. Es geht um eine langfristige Weichenstellung: kein amtierendes Mitglied des Stadtrats Schweinfurt wird angesichts der beschriebenen langfristigen Verfahren und Maßnahmen das Ende des Atomstandortes Grafenrheinfeld erleben. Es geht um die Sicherheit unserer Kinder, Enkel und Urenkel.

 

Begründung des Resolutionsantrags im Stadtrat:

Die fachliche Begründung ist in der Resolution großteils enthalten. Die Resolution wurde im Kreistag diskutiert und in modifizierter Form angenommen. Die Stadt Schweinfurt ist von etwaigen Sicherheitslücken bei AKW-Rückbau und Zwischenlager unmittelbar mitbetroffen.

Ziel der Resolution ist, dass durch Zusammenführung der Genehmigungsverfahren für AKW-Rückbau und Zwischenlager für den Zeitraum bis zum vollständigen Abtransport der gelagerten radioaktiven Abfälle (2070-2100) ein tragfähiges Gesamtkonzept zur Risikoabwehr erstellt und umgesetzt wird.

Selbstverständlich soll das Reaktorgebäude nach Abklingen und Abtransport der Brennstäbe ins Zwischenlager von kompetentem Personal, das den Reaktor noch kennt, zurückgebaut werden - aber nur soweit, dass die Castoren, die im benachbarten Zwischenlager voraussichtlich über ihre garantierte Haltbarkeit hinaus (!) gelagert sind, bei Defekten ohne vermeidbare Risiken vor Ort (innerhalb der Reaktorhülle) repariert, ausgetauscht oder umhüllt werden können.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

              Ayfer Fuchs                       Dr. Reginhard von Hirschhausen                   Dr. Thomas A. Schmitt

 



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