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Steigerwaldbahn: Gute Politik braucht sachlich richtige Grundlage

12.10.21 –

Wir, der Kreisverband Schweinfurt und Kitzingen von Bündnis 90/Die Grünen sind der Meinung, dass über die Bahnstrecke auf Basis zutreffender und richtiger Fakten entschieden werden muss. Deshalb melden wir uns nach dem offenen Brief der Bürgermeister der Anrainergemeinden (außer Gerolzhofen) hier zu Wort.

Die Entwidmung der Bahnstrecke hätte realistischerweise unumkehrbare Folgen. Ein entscheidender Faktor ist dabei die Potenzialuntersuchung der BEG. Können Sie aus der Veröffentlichung der BEG nachvollziehen, wie die Zahl von 563 Reisendenkilometer pro Streckenkilometer zustande kommt? Wir nicht; uns wurde auf die Frage nach den Rechenwegen lediglich mitgeteilt, dass es sich um „gigantische Excel-Tabellen“ handele, mit deren Hilfe das Potenzial errechnet wurde. Von einem Gutachten sollte man deshalb nicht sprechen. Da das errechnete Potenzial erheblich von den anderen beiden Gutachten abweicht, ist die BEG-Veröffentlichung als Grundlage für eine Entscheidung von dieser Tragweite nicht tragfähig. Da sollten alle Bürger die Chance haben, zu verstehen warum. Deshalb begrüßen wir den Einsatz einiger Parlamentarier der Region für Transparenz sehr. MdL Paul Knoblach fordert ebendiese Transparenz ein. Es sollten keine Grabenkämpfe um die Bahn stattfinden, eine konstruktive Zusammenarbeit zum Wohle der BürgerInnen sowie zum Schutz unseres Klimas wäre vorrangig.

Transparenz sollte es auch zum People Mover geben. Wann legen die Befürworter hier die Fakten vor? Warum sollte er zu einem besseren ÖPNV führen als die Reaktivierung der Bahn? Autonome Busse bzw. People Mover fahren mit Geschwindigkeiten unter 20 km/h, haben eine geringe Kapazität, aus Sicherheitsgründen muss stets ein Operator mitfahren. Eine Studie des Bundesverkehrsministerium stützt die Meinung aller Experten: der People Mover ist ein Verkehrsmittel für die „letzte Meile“ – nirgendwo auf der Welt fährt er auf einer 50 km langen Strecke. Zudem ist die Strecke für zwei sich begegnende People Mover zu schmal – vor allem, wenn noch ein sogenannter Radschnellweg damit kombiniert werden soll. Ein Radschnellweg ist etwas anderes als ein normaler Radweg und nur bei Einhaltung festgelegter Standards förderfähig: 4m Breite, hohes Potenzial, weitgehende Kreuzungsfreiheit oder Bevorrechtigung gegenüber querenden Straßen. Geschieht die Verwendung dieser Begriffe aus Unkenntnis oder handelt es sich um einen Etikettenschwindel?

Vor allem widersprechen wir nachdrücklich der Bezeichnung der Bahn als „altes Konzept“. Die Bahn ist ein modernes Verkehrsmittel, das heute schon zu 90% elektrisch und auch auf Nebenstrecken schon zunehmend mit Wasserstoff- oder Akkuantrieb fährt. Schon ab 2022 soll deshalb bundesweit mehr Geld in den Ausbau der Schienenwege als in die Straße investiert werden. Aufgrund des Rad-Schiene-Systems ist der Energieverbrauch geringer; insgesamt ist die Schiene ein entscheidender Baustein der Mobilitätswende hin zu nachhaltiger, klimafreundlicher Mobilität.

Alle jüngeren Streckenreaktivierungen hatten einen sehr positiven Effekt für die Anrainergemeinden. Warum sollte es hier anders sein? Sollte sich Lokalpolitik für den Abbau von Infrastruktur einsetzen oder für die bestmögliche Entwicklung der Orte?

Vor dem Hintergrund der Herausforderungen des Klimawandels und um im demographischen Wandel für nachfolgende Generationen attraktiv zu bleiben, brauchen wir den bestmöglichen ÖPNV. Wir sind für eine fundierte, transparente Prüfung aller Varianten auf der Basis vollständiger und korrekter Fakten.